Die australische Regierung will Kindern und Jugendlichen den Zugang zu Sozialen Medien künftig erst ab einem Mindestalter erlauben. Doch wie lässt sich das Verbot von Instagram, TikTok und Co. umsetzen?
Der australische Premier Anthony Albanese will beim Online-Kinderschutz hart durchgreifen
Die Altersgrenze für die Online-Nutzung von Sozialen Medien könne zwischen 14 und 16 Jahren liegen, sagte Premierminister Anthony Albanese, ohne sich festzulegen. Noch dieses Jahr solle ein entsprechendes Gesetz im Parlament in Australien eingebracht werden. "Das ist eine Geißel", sagte der Labor-Politiker mit Blick auf die Wirkung von Online-Netzwerken wie Facebook, Instagram, TikTok und Co. auf Kinder.
Der 61-Jährige ergänzte, er wolle, dass Kinder eine Kindheit haben. "Wir wissen, dass soziale Medien sozialen Schaden anrichten und die Kinder von echten Freunden und echten Erfahrungen fernhalten", fügte Albanese hinzu. Das Mindestalter solle Kinder dazu bringen, ihre digitalen Geräte wegzulegen und wieder "auf die Fußballplätze, in die Schwimmbäder und auf die Tennisplätze zu gehen", sagte er dem Sender ABC.
Wie der Zugang technisch überprüft werden soll, erklärte der Premier nicht. Die Regierung teste derzeit verschiedene Möglichkeiten, das Alter der Nutzer kontrollieren zu lassen. Dabei gehe es auch darum, die Plattformen dazu zu bringen, von den Eltern online eine Erlaubnis einzuholen, hieß es in Medienberichten.
Opposition unterstützt den Plan
Zuspruch kommt von der Opposition, die die Grenze bei 16 Jahren ansiedeln möchte. Der konservative Oppositionsführer Peter Dutton unterstrich: "Mit jedem Tag, den wir warten, werden Kinder anfälliger für die Gefahren der sozialen Medien", sagte er.
"Wir müssen Kindern die Möglichkeit geben, erwachsen zu werden, bevor sie dieser offen gesagt schrecklichen Umgebung der sozialen Medien ausgesetzt werden", betonte der für Kommunikation zuständige Sprecher der Liberalen Partei, David Coleman.
Kritik von Fachleuten
Die Vorsitzende des australischen Psychologenverbandes, Carly Dober, kritisierte das geplante Verbot, weil es ihrer Ansicht nach nicht die grundlegende Problematik beseitige. "Es ist eine Notlösung für ein sehr kompliziertes und tief verwurzeltes Problem", sagte sie der Nachrichtenagentur AAP. "Es gibt weiterhin Hassreden und zutiefst frauenfeindliche, rassistische und sexistische Inhalte im Internet." Und Kinder würden weiter mit sehr ausgeklügelter Werbung angesprochen, die nur darauf abziele, sie zum Konsum verschiedener Produkte und Dienstleistungen zu bewegen.
Außerdem werde außer Acht gelassen, dass Online-Netzwerke jungen Menschen durchaus auch Vorteile bieten könnten, etwa wenn diese aus marginalisierten Kreisen stammten. "LGTPQI", junge Flüchtlinge, behinderte Jugendliche - sie finden dort ein Gefühl der Gemeinschaft, wenn ihre Erfahrungen in der Schule oder in ihrer Umgebung nicht so einladend sind." LGBTQI steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans-Menschen, queere sowie intergeschlechtliche Menschen.
Ein anderer Experte warnte, dass eine Altersbeschränkung insbesondere sozial benachteiligten Kindern nicht helfen werde. Auch sei der Vorstoß unüberlegt, der Bericht einer parlamentarischen Untersuchung der Auswirkungen der Online-Netzwerke auf die Gesellschaft stehe noch aus, sagte Daniel Angus, der das Forschungszentrum für digitale Medien an der Queensland University of Technology leitet. Das Gesetz drohe hingegen "ernsthaften Schaden anzurichten, indem es junge Menschen von einer sinnvollen, gesunden Teilnahme an der digitalen Welt ausschließt", erklärte Angus. Etwa könnten Kinder auf weniger regulierte Plattformen im Internet ausweichen.
Fragen zum Datenschutz
Schon bei den ersten Forderungen nach einem Mindestalter für den Zugang zu Online-Netzen machten Fachleute seinerzeit auf eine andere Hürde aufmerksam. So bestehe ein ernstes Problem mit dem Datenschutz, wenn Eltern nun von den Plattformen aufgefordert werden müssten, mit ihrer Erlaubnis auch das Alter ihrer Kinder offenzulegen, warnte Daniel Angus, Professor für digitale Kommunikation an der Technischen Universität Queensland, im Sender ABC. Außerdem könnten die Plattformen Wege finden, ein Verbot zu umgehen.
Ähnlich äußerte sich Belinda Barnett, Dozentin an der Swinburne Universität: "Als Elternteil und als Forscherin auf dem Gebiet sozialer Medien finde ich die Idee einer Altersbeschränkung für Kinder gut", sagte sie. "Aber es ist eigentlich unmöglich, dies umzusetzen, ohne Informationen über australische Bürger zu sammeln, die wir den Social-Media-Plattformen vielleicht lieber nicht geben sollten."
Premier Albanese hingegen betont, die Sicherheit und die geistige und körperliche Gesundheit der jungen Menschen müssten oberste Priorität haben. "Genug ist genug", sagte er. Zugleich verwies er auf die Erwartungen von Eltern, dass die Politik eine Antwort auf Online-Mobbing und schädliche Inhalte auf Plattformen liefere. "Diese sozialen Medienunternehmen denken, sie stünden über allen anderen", sagte er in einem Radiointerview. "Sie haben eine soziale Verantwortung und im Moment nehmen sie diese nicht wahr. Und wir sind entschlossen, dafür zu sorgen, dass sie das tun."
Quelle: dw.com
Comments